Mag.a Muna Duzdar (Rechtsanwältin, Staatssekretärin für Diversität, Digitalisierung und öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt a.D., SPÖ)
Dr. Jens Kastner (Soziologe, Co-Autor "Identitätspolitiken - Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken", Senior Lecturer am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften der Akademie der bildenden Künste Wien)
Lea Susemichel (Journalistin, Co-Autorin "Identitätspolitiken - Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken", leitende Redakteurin von "an.schläge - Das feministische Magazin")
Wolfgang Thierse (Kulturwissenschaftler, Autor, Bundestagspräsident der Bundesrepublik Deutschland a.D., früherer Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission und des Kulturforums der Sozialdemokratie, ehemaliger stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender, letzter SDP-Bundesvorsitzender, der SPD der DDR)
„Macht bedeutet jede Chance, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“, schrieb Max Weber. Identitätspolitik beschreibt eine Zielsetzung, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen, die benachteiligt, diskriminiert oder ausgeschlossen sind, aufgewertet, bessergestellt und stärker gesellschaftlich repräsentiert werden. Identitätspolitik bedeutet, sich über die eigene Identität etwa als Afroamerikanerin, Jude, Frau oder Arbeiter zu definieren und bestenfalls auch zu organisieren und für die eigenen Rechte einzutreten. Cancel Culture fordert, dass bestimmte Begriffe oder Ansichten möglichst unterdrückt und nicht geäußert werden können, wodurch Menschen durch die Äußerungen nicht diskriminiert oder verletzt werden. Falls dies passieren könnte, sollen die Begriffe gecancelt werden. Nicht nur dürfen bestimmte Begriffe nicht verwendet werden, sondern es erfolgt auch eine Stigmatisierung derjenigen, die diese Begriffe verwenden. Identitätspolitik scheint derzeit in der Sackgasse zu stecken, Empowerment wird auf Gender-Sternchen und die Vermeidung des N-Wortes anscheinend verkürzt. In der Debatte über linke Identitätspolitik wird von deren GegnerInnen ein Gegensatz zwischen „kultureller Zugehörigkeit“ und „verteilungspolitischen Gerechtigkeitsthemen“ formuliert, dass sich kulturell argumentierende Linke eher um anerkennungspolitische Minderheitenthemen wie Herkunft und Geschlecht, weniger um die soziale Frage, die Klassenfrage kümmern. Deren BefürworterInnen entgegnen, dass Identitätspolitik die zweifellos existierenden sozialen, ökonomischen Spaltungen in der Gesellschaft anhand neuer Linien thematisiert, klassische linke Gerechtigkeits- und Umverteilungsfragen neu beantwortet und um die Forderungen nach Anerkennung ergänzt. Aus progressiver Perspektive ist der Kampf gegen Rassismus, Sexismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden zu führen. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt dürfen wie etwa schlecht verdienende Frauen, arme Kinder von ZuwandererInnen, ausgebeutete LeiharbeiterInnen oder große Teile der Mittelschicht weder in den USA noch in Europa auf der Strecke bleiben. Einigkeit besteht wenigstens in der Überzeugung, dass man die Komfortzone verlassen muss, um dem Rechtspopulismus etwas entgegenzusetzen. Ein Bewusstsein für Zielkonflikte, aber auch eine Reflexion der Kritik und Widersprüche, die seitens der linken Identitätspolitik und Cancel Culture hervorgebracht werden, erscheinen für das Ziel der inklusiven Gesellschaft, die ohne Verletzungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auskommt, sehr zielführend.
Was ist Identitätspolitik? Wieso wird diese von links zu Recht kritisiert? Warum ist diese trotzdem wichtig? Wie viel Identität verträgt die Gesellschaft? Wie viel Identitätspolitik stärkt die Pluralität einer Gesellschaft? Wie halten es linke Parteien mit der Identitätspolitik? Geht es auch um die Frage der Identität der Sozialdemokratie? Wie ist ein undogmatischer Blick auf Diskurs, Geschichte linker Identitätspolitik möglich? Sind Fragen von Kultur und Zugehörigkeit wichtiger als verteilungspolitische Fragen? Geht es um Soziales und die Ökonomie oder geht es um Identitätsfragen, die durch ethnische, soziale, sexuelle oder kulturelle Merkmale bestimmt sind? Schadet Identitätspolitik, da die Kämpfe um Anerkennung kultureller Differenzen vom zentralen und universell zu führenden Kampf gegen soziale Ungleichheit nur ablenkt? Sensibilisiert Sprache oder betreiben Linke damit eine Symbolpolitik anstatt gegen reale Benachteiligungen zu kämpfen? Ist für viele heute links vor allem eine Frage des Lebensstils, urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch zu sein? Konzentriert sich der Linksliberalismus auf Gendersternchen statt auf Chancengerechtigkeit? Werden Kultur und Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerung vernachlässigt? Spaltet der Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, die Gesellschaft? Interessiert sich der Linksliberalismus nur für das eigene Milieu, ignoriert die Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft? Handelt es sich bei Identitätspolitik um abgehobene Anerkennungsbedürfnisse von privilegierten, akademischen und urbanen Minderheiten? Welche Auseinandersetzungen sind in einer pluralistischer werdenden Gesellschaft unausweichlich? Werden soziale Konflikte als Verteilungskonflikte um Sichtbarkeit, Einfluss, Aufmerksamkeit und Anerkennung ausgefochten? Muss man den „Lifestyle-Linken“ handfeste ökonomische Probleme der Arbeiterklasse entgegenstellen? Haben „Lifestyle-Linke“ die soziale Frage durch die Identitätslogik permanenter Selbstvergewisserung ersetzt? Wurde das traditionelle Oben und Unten durch linke Identitätspolitik nicht ersetzt, sondern erweitert? Inwieweit sind soziale, gesellschaftliche Gruppen mit diesem Oben und Unten verbunden? Gelingt es weder BefürworterInnen noch GegnerInnen der Identitätspolitik in linken Parteien, die Menschen in großer Zahl zu erreichen, für deren Belange beide Seiten streiten? Wie kann ein Programm für Gemeinsinn und Zusammenhalt aussehen? Wie kann linke Politik gemeinsam statt egoistisch wieder mehrheitsfähig werden? Wie kann man die Lebenswirklichkeit, Interessen und Perspektiven von Menschen, die gesellschaftlich unterrepräsentiert sind, stärker wahrnehmbar zu machen?
Definiert sich politische Macht als Hegemonie über den politischen Diskurs? Mit welchen unaufgelösten prinzipiellen Widersprüchen haben linke Identitätspolitik und Cancel Culture zu kämpfen? Betrachtet sich diese selbst als emanzipatorisch und egalitär, aber behandelt Menschen aufgrund ihrer Geburt ungleich? Wenden sich beide gegen Diskriminierung, aber diskriminieren dabei gleichsam bestimmte Gruppen? Worum geht es bei Cancel Culture? Geht es darum, die Äußerung oder die Diskursteilnahme einer anderen Person zu canceln, vorzuschreiben oder zu verbieten, was er oder sie zu sagen und zu tun hat? Worin besteht die Legitimation derer, die diese Diskursmacht ausüben? Wieso trifft die Cancel Culture häufig die Falschen und nicht diejenigen, die diese treffen sollte? Ist es strategisch fatal, dass sich das politische Lager, aus dem die Cancel Culture entspringt, durch diese Debatten selbst zerfleischt? Ist die Cancel Culture in ihrer aggressiven Ausprägung auch eine Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit? Warum haben Shitstorms und moralische Klagen eine Chance auf Resonanz vorwiegend innerhalb des progressiven Lagers? Erscheint dadurch dieses Lager als zerstritten, weniger attraktiv? Wer spielt der politischen Rechten in die Hände? Wieso sind Themen wie LGBTQI-Rechte oder das eigene kritische Hinterfragen von Privilegen aufgrund des Weißseins Konservativen egal? Warum bekämpfen Rechtspopulisten diese Themen aktiv? Wird eine Auseinandersetzung nicht mit dem Argument geführt, dass man einer bestimmten Position mit einer anderen begegnet, sondern vornehmlich aus der Herkunft heraus argumentiert? Macht der Opferstatus die verletzten Gefühle zum Thema und nicht mehr die Argumente? Schließt sich die Debatte für alle Menschen, die Politik nicht mit eigener Betroffenheit belegen? Wird man ohne Kenntnis der anspruchsvollen Pflichtlektüre ausgeschlossen? Dürfen sprachliche Tabuisierungen und ein bewusstes Empowerment bisher marginalisierter Gruppen nicht als einziges politisches oder rhetorisches Instrument betrieben werden? Wie kann man Allianzen jenseits von Schuldzuweisungen und Opferkonkurrenz suchen? Wie sollen Minderheiten vor möglichen Verletzungen geschützt werden? Wie kann man denjenigen eine Stimme geben, deren Stimme zu selten gehört wird? Wie kann Sprache dazu dienen, sich zu verstehen, auf Augenhöhe zu kommunizieren, sich gegenseitig als gleichwertig zu respektieren? Geht es um nichts anderes als Empathie oder Respekt? Wo darf man die Fähigkeiten und Bereitschaft, sich in die Einstellungen anderer Menschen versetzen zu können, vermuten, insbesondere im linken politischen Lager?
„Macht bedeutet jede Chance, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“, schrieb Max Weber. Identitätspolitik beschreibt eine Zielsetzung, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen, die benachteiligt, diskriminiert oder ausgeschlossen sind, aufgewertet, bessergestellt und stärker gesellschaftlich repräsentiert werden. Identitätspolitik bedeutet, sich über die eigene Identität etwa als Afroamerikanerin, Jude, Frau oder Arbeiter zu definieren und bestenfalls auch zu organisieren und für die eigenen Rechte einzutreten. Cancel Culture fordert, dass bestimmte Begriffe oder Ansichten möglichst unterdrückt und nicht geäußert werden können, wodurch Menschen durch die Äußerungen nicht diskriminiert oder verletzt werden. Falls dies passieren könnte, sollen die Begriffe gecancelt werden. Nicht nur dürfen bestimmte Begriffe nicht verwendet werden, sondern es erfolgt auch eine Stigmatisierung derjenigen, die diese Begriffe verwenden. Identitätspolitik scheint derzeit in der Sackgasse zu stecken, Empowerment wird auf Gender-Sternchen und die Vermeidung des N-Wortes anscheinend verkürzt. In der Debatte über linke Identitätspolitik wird von deren GegnerInnen ein Gegensatz zwischen „kultureller Zugehörigkeit“ und „verteilungspolitischen Gerechtigkeitsthemen“ formuliert, dass sich kulturell argumentierende Linke eher um anerkennungspolitische Minderheitenthemen wie Herkunft und Geschlecht, weniger um die soziale Frage, die Klassenfrage kümmern. Deren BefürworterInnen entgegnen, dass Identitätspolitik die zweifellos existierenden sozialen, ökonomischen Spaltungen in der Gesellschaft anhand neuer Linien thematisiert, klassische linke Gerechtigkeits- und Umverteilungsfragen neu beantwortet und um die Forderungen nach Anerkennung ergänzt. Aus progressiver Perspektive ist der Kampf gegen Rassismus, Sexismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden zu führen. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt dürfen wie etwa schlecht verdienende Frauen, arme Kinder von ZuwandererInnen, ausgebeutete LeiharbeiterInnen oder große Teile der Mittelschicht weder in den USA noch in Europa auf der Strecke bleiben. Einigkeit besteht wenigstens in der Überzeugung, dass man die Komfortzone verlassen muss, um dem Rechtspopulismus etwas entgegenzusetzen. Ein Bewusstsein für Zielkonflikte, aber auch eine Reflexion der Kritik und Widersprüche, die seitens der linken Identitätspolitik und Cancel Culture hervorgebracht werden, erscheinen für das Ziel der inklusiven Gesellschaft, die ohne Verletzungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auskommt, sehr zielführend.
„Macht bedeutet jede Chance, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“, schrieb Max Weber. Identitätspolitik beschreibt eine Zielsetzung, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen, die benachteiligt, diskriminiert oder ausgeschlossen sind, aufgewertet, bessergestellt und stärker gesellschaftlich repräsentiert werden. Identitätspolitik bedeutet, sich über die eigene Identität etwa als Afroamerikanerin, Jude, Frau oder Arbeiter zu definieren und bestenfalls auch zu organisieren und für die eigenen Rechte einzutreten. Cancel Culture fordert, dass bestimmte Begriffe oder Ansichten möglichst unterdrückt und nicht geäußert werden können, wodurch Menschen durch die Äußerungen nicht diskriminiert oder verletzt werden. Falls dies passieren könnte, sollen die Begriffe gecancelt werden. Nicht nur dürfen bestimmte Begriffe nicht verwendet werden, sondern es erfolgt auch eine Stigmatisierung derjenigen, die diese Begriffe verwenden. Identitätspolitik scheint derzeit in der Sackgasse zu stecken, Empowerment wird auf Gender-Sternchen und die Vermeidung des N-Wortes anscheinend verkürzt. In der Debatte über linke Identitätspolitik wird von deren GegnerInnen ein Gegensatz zwischen „kultureller Zugehörigkeit“ und „verteilungspolitischen Gerechtigkeitsthemen“ formuliert, dass sich kulturell argumentierende Linke eher um anerkennungspolitische Minderheitenthemen wie Herkunft und Geschlecht, weniger um die soziale Frage, die Klassenfrage kümmern. Deren BefürworterInnen entgegnen, dass Identitätspolitik die zweifellos existierenden sozialen, ökonomischen Spaltungen in der Gesellschaft anhand neuer Linien thematisiert, klassische linke Gerechtigkeits- und Umverteilungsfragen neu beantwortet und um die Forderungen nach Anerkennung ergänzt. Aus progressiver Perspektive ist der Kampf gegen Rassismus, Sexismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden zu führen. Politische Konzepte für sozialen Zusammenhalt dürfen wie etwa schlecht verdienende Frauen, arme Kinder von ZuwandererInnen, ausgebeutete LeiharbeiterInnen oder große Teile der Mittelschicht weder in den USA noch in Europa auf der Strecke bleiben. Einigkeit besteht wenigstens in der Überzeugung, dass man die Komfortzone verlassen muss, um dem Rechtspopulismus etwas entgegenzusetzen. Ein Bewusstsein für Zielkonflikte, aber auch eine Reflexion der Kritik und Widersprüche, die seitens der linken Identitätspolitik und Cancel Culture hervorgebracht werden, erscheinen für das Ziel der inklusiven Gesellschaft, die ohne Verletzungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auskommt, sehr zielführend.
Aus organisatorischen Gründen wird höflich um Anmeldung(en) per Mail unter doebling@bsa.at gebeten.