Max Schrems über die menschenwürdige Informationsgesellschaft

Wie Konzerne ihre Kunden durchleuchten, auch ohne dass sie ihre Daten angeben
Bildung, Kultur und Medien
Europa und Internationales
Wirtschaft und Arbeit
Montag,
29
.9.
2014
 
Wien
BSA Döbling

Am 29.9.2014 konnte der BSA-Döbling Mag. Max Schrems, Jurist und Buchautor, im BSA-Generalsekretariat begrüßen, der mit seiner Initiative "europe-v-facebook.org" das soziale Netzwerk bereits zu mehr Transparenz und einem verantwortungsvolleren Umgang mit den sensiblen Daten seiner NutzerInnen bewegt.

An inhaltsleeren und sich endlos wiederholenden Argumenten und Phrasen ist die Datenschutz-Debatte wirklich nicht arm. Für den Versuch, möglichst kompetent wirkend totalen Blödsinn von sich zu geben und damit alle Gegenargumente im Keim zu ersticken, wurde von den Amerikanern liebevoll das Verb "bullshitting" kreiert.  Man müllt Leute so lange mit Blödsinn voll, bis sie am Ende wirklich glauben, was man sagt oder einfach entnervt aufgeben.

Nach einer sehr informativen, einleitenden Präsentation stellte der aufgrund seines Verfahrens gegen Facebook international beachtete "David", der gegen die "Goliaths des Internets" auftritt, im Gespräch mit Max Eberl etwa fest, dass nach der Industrialisierung beispielsweise der Arbeitnehmerschutz unumgänglich war, damit die Gesellschaft auch mit einer damals neuen Arbeiterklasse funktioniert.

 Wir müssen jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, dass sich unser Grundrecht auf Privatsphäre nicht im Zuge der Digitalisierung auflöst. Wir dürfen uns nicht vorgaukeln lassen, dass wir schon verloren hätten oder dass die derzeitige Entwicklung gottgegeben wäre, denn beides ist falsch.

Der Datenschützer erklärte, dass es bei neuen Entwicklungen, sofern sie einen echten Mehrwert bringen, nie um das "ob", sondern immer um das "wie" ging. Dementsprechend besteht Regelungsbedarf, wenn nun die Digitalisierung jeden Teil des Lebens durchdringt. Der Jurist und Buchautor zeigte anhand von mehreren Beispielen auf, dass diese Technologie viel mehr kann als sie vielleicht soll. Diese Entwicklung sei aber nicht zu verhindern, sondern zum Nutzen aller zu gestalten.

Wir können uns nicht mehr treiben lassen und zusehen, was andere mit uns vorhaben. Wir dürfen uns weder einreden lassen, dass alles, was IT-Konzerne heute tun, normal ist, noch sollten wir die Technologie verteufeln. Wir müssen aktiv werden und unsere Grundrechte verteidigen. Das wird nicht leicht.

Max Schrems betonte, dass der wichtigste Schlüssel für echten Datenschutz am Ende die aktive Durchsetzung unserer Grundrechte sein wird. Die EU ist der größte Markt weltweit, kein globaler Konzern könne diesen Markt ignorieren. Nach seiner Einschätzung wird es schnell eine europäische Alternative geben, wenn internationale Konzerne trotz deren bestehender Ängste vor den hohen EU-Standards diesen Markt nicht bedienen. Der Buchautor zeigte sich darüber hinaus hinsichtlich der Chancen optimistisch, dass Europa den "Goldstandard" für informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz irgendwann nicht nur in Büchern stehen haben, sondern in die Tat umsetzen können.

Wenn wir diese Schritte aber gehen, hat Europa heute die einmalige Chance, Vorreiter für eine menschenwürdige Informationsgesellschaft zu werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir es am Ende nach einigen Jahren schaffen können und den "Kampf um unsere Daten" gewinnen werden.

Die interessierten TeilnehmerInnen dieses Diskussionsabends, insbesondere waren viele jüngere Mitglieder und InteressentInnen dabei, waren ohne Panikmache mit ungebrochenem Interesse an Technologie aufgefordert, sich angesichts des Datenwahnsinns zu wehren. Eine gute Grundlage für dieses wichtige Zukunftsthema bietet Max Schrems' lesenswertes Buch "Kämpf um deine Daten".

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