Junge Menschen müssen das Gefühl bekommen, dass ihre Meinung zählt!

Gerhard Fenkart-Fröschl über Möglichkeiten, um jüngere Menschen wieder mehr für Politik zu interessieren
Bildung, Kultur und Medien
Europa und Internationales
Innen- und Kommunalpolitik
Montag,
13
.10.
2014
 
Wien
BSA Döbling

Am 13.10.2014 war Mag. Gerhard Fenkart-Fröschl, Ökonom, Lektor und Autor, beim BSA-Bezirksklub Döbling zu einem spannenden Gedankenaustausch zu Gast. Gemeinsam mit dem Referenten gingen die Mitglieder, der Frage nach, wie man junge Menschen wieder verstärkt für Politik interessieren kann. Den höchst unterhaltsamen Einstieg in das Thema bildete die politische Satire "Quereinstieg - Vom Nobody zum Politstar in einem Jahr". Mit diesem Buch wollte er auf humorvolle Weise einen Beitrag leisten, um jüngere Menschen wieder mehr für die Politik zu interessieren.

Die Hauptfigur des Romans, Kathi Lichtenfels, lässt sich, unterstützt von ihrem besten Freund Ferdinand Löwel und skeptisch begleitet von ihrem Bruder Erasmus, auf eine ungewöhnliche Wette ein, innerhalb eines Jahres muss sie vom politischen Nobody zur Staatssekretärin aufsteigen. Auf dem Weg zur Politikerin trifft Kathi auf reale österreichische Politiker wie Franz Vranitzky, Michael Häupl oder Alexander Van der Bellen, die der Autor für das Buch interviewte und die der Protagonistin im Roman Tipps für ein erfolgreiches Leben in der Politik geben. Begonnen hat diese fiktive, rasante politische Karriere im Freundeskreis beim Abendessen im Döblinger Restaurant Eckel und einem spannenden Streitgespräch.

"Warum kletterst du nicht von deinem hohen Ross herunter und machst es dir weniger bequem?"

"Vielleicht mache ich es ja auch"

"Und wie soll das gehen? Die politische Realität ist eine andere. Dazu hättest du zumindest ein Parteibuch lösen und während der vergangenen fünfzehn Jahre irgendeinem Bezirksobmann die Aktentasche durch das Rathaus tragen müssen. Nun ist es dafür zu spät."

"Das stimmt nicht. Es gibt kein Berufsfeld, bei dem ein Quereinstieg an die Spitze so leicht geht wie in der Politik. Kanzlerin wird man nicht über Nacht. Das gebe ich schon zu, aber ein Staatssekretariat wäre drin."

Nach der Vorstellung seines Buches ging der Lektor auf den Status Quo des politischen Interesses der 14 bis 29-jährigen ein, mögliche Ursachen, potenzielle Einwirkungsmöglichkeiten und die Gewichtung politischer Themen aus Sicht der Jugend. Die Studie "Generation EGO - Die Werte der Jugend im 21. Jahrhundert" zeigt, dass nur 19% der 14 bis 29-jährigen in politische Parteien Vertrauen haben, 27% in die Bundesregierung und 28% in das Pensionssystem. Für Gerhard Fenkart-Fröschl machte deutlich, dass politisches Interesse eher Einzelthemen gilt, weniger Parteien bzw. einer in sich geschlossenen Ideologie. Er merkte in weiterer Folge mit Bedauern an, dass die Personalisierung, das unpolitische Spektakel und die äußere Erscheinung gegenüber den eigentlichen Inhalten zunehmend an Bedeutung gewinnen.

"Ich war schon wählen, habe meine Entscheidung erst in der Wahlkabine getroffen. Ich achte eigentlich gar nicht auf Politik, weil es mich einfach nicht interessiert. Ich glaube, dass sich Jugendliche nicht für Politik interessieren, weil bei Wahlen nur Dinge versprochen werden, aber nie was getan wird. Ich würde mir mehr junge Menschen in der Politik wünschen."

Interessant ist, dass das politische Interesse der 14 bis 29-jährigen laut der Shell-Jugendstudien von 57% im Jahr 1991 auf nun 40% im Jahr 2010 gesunken ist, ein Tiefpunkt war im Jahr 2002 mit nur mehr 34% zu verzeichnen. In weiterer Folge ging der Autor in mehreren Thesen auf die möglichen Ursachen ein.

1. Man hält "die Lage" für aussichtslos und empfindet Machtlosigkeit.

2. In den betroffenen Generationen empfand eine besondere Erziehung zum Konformismus statt.

3. Es werden theoretische Idealbilder einer Demokratie gelehrt. Wenn später klar wird, dass der Staat eigentlich gar nicht so demokratisch ist, wird Politfrust geerntet.

4. Die Medien transportieren permanent ein negatives Politikerimage.

5. Aufgrund der Verklausulierung der Politikersprache wirkt die Politik für viele Jugendliche abgehoben.

6. Die bisherige Politik war "zu erfolgreich". ("Es geht uns einfach zu gut.")

7. Die betroffenen Generationen kennzeichnet sich besonders durch Individualismus und einer Tendenz zum Konsumismus. Des Sinn des Lebens besteht im Genießen und nicht in einer Bringschuld für das gemeinsame Miteinander.

In weiterer Folge stellte der Lektor eine Erhebung vor, die statistisch nicht repräsentativ ist, da es sich um eine Befragung von Studierenden an WU Wien und FH-Wien handelt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewerteten im Rahmen eines anonymen Online-Fragebögen einige Reformvorschläge jeweils mit einem Wert von 1 ("ist mir kein Anliegen") bis 15 ("ist mir ein enorm wichtiges Anliegen"). Bei der Gewichtung politischer Themen aus Sicht der Jugend waren unter den "Top 10" mehrere Anliegen aus der Sozial- und Bildungspolitik zu finden, wie etwa Ehrlichkeit bei den Pensionen, die Reform des staatlichen Pensionsystems in Hinblick auf jüngere Generationen, die Einführung neuer, praxisnäherer Schulfächer, die Verbesserung der Möglichkeiten, als junger Mensch Arbeit zu finden, der Abbau der Staatsschulden, die Staats- und Verwaltungsreform, zum Beispiel die Zusammenlegung doppelgleisiger Strukturen, das Überdenken der Sinnhaftigkeit einzelner Verwaltungseinheiten, sowie der nicht bereichsspezifische Wunsch nach mehr Ehrlichkeit und Handschlagqualität in der Politik. Am untersten Ende dieser Tabelle unter den "Bottom 10" standen als am wenigsten wichtige Anliegen der Austritt aus der Europäischen Union und und der Austritt aus der Währungsunion, davor fanden sich die Einführung, der Ausbau von Frauenquoten, obwohl die Mehrheit der Befragten weiblich war, die Einführung der bundesweiten Gesamtschule sowie interessanterweise die Abschaffung jeglicher Studiengebühr, wobei die Befragten einer Generation angehören, die ein Studium ohne Studiengebühren nicht mehr kennt.

Der Autor widmete sein Buch nicht nur der überwältigenden Mehrheit der Politikerinnen und Politiker von gestern, heute und morgen, die sich nicht bereichern und die nicht auf Pfründe abzielen, sondern Tag für Tag für wenig Dank einen der härtesten Jobs der Welt bewältigen, sondern ging abschließend in seinen Ausführungen auf die potenziellen Einwirkungsmöglichkeiten ein, bei denen man politisch ansetzen kann.

1. Jugendliche müssen das Gefühl bekommen, dass ihre Meinung zählt.

2. Hervorstreichen des individuellen Nutzens bestimmter Maßnahmen. (Beispiel Nacht-U-Bahn)

3. Fortlaufendes Angebot möglichst parteiübergreifender Projekte mit Mitwirkungsmöglichkeit.

4. Stark verbesserte Social Media Kommunikation.

5. Parteifreie "Politische Bildung" unabhängig vom Ausbildungsweg.

6. Schulprojekte, die auf die Not von schwächeren Bevölkerungsgruppen aufmerksam machen.

Diese und weitere politische Ansätze diskutierte Gerhard Fenkart-Fröschl lange und intensiv mit der Gruppe aus Menschen, bei denen man wirklich spürte, dass ihnen junge Menschen ein Anliegen sind.

Veranstaltungsankündigung