Der Weg Brasiliens in die Demokratie ist eng mit Luiz Inácio Lula da Silva verbunden, der aus einfachsten Verhältnissen stammende Gewerkschafter gehört zu den Mitbegründern der Arbeiterpartei und den MitautorInnen der demokratischen Verfassung. Brasilien erlebte während der Amtszeit als Präsident eine wirtschaftliche Blüte, die linke Politik half Millionen Menschen aus bitterster Armut, jedoch erschütterte die PT die föderative Republik auch mit Skandalen. Luiz Inácio Lula da Silva wurde verurteilt, die Nachfolgerin Dilma Rousseff des Amtes enthoben und Jair Bolsonaro zum Staatsoberhaupt des größten Landes von Südamerika gewählt. Der frühere Offizier versprach den BrasilianerInnen einen radikalen Neuanfang, die Beseitigung von Korruption und die Bekämpfung von Gewalt. Der fulminante Aufstieg hat Brasilien verändert, immer mehr Bagger rollen durch den Amazonas-Regenwald, in den Armenvierteln stirbt eine ganze Generation im Kugelhagel und Oppositionelle setzen sich aus Angst ins Ausland ab. Der Seit März 2021 ist Luiz Inácio Lula da Silva wieder auf freiem Fuß und entschlossen, Jair Bolsonaro aus dem Amt zu verdrängen. Brasilien ist von extremen Widersprüchen geprägt, ein Land, wo sich die starke Gegensätzlichkeit auch im Feld der KandidatInnen für die Präsidentschaftswahl im Oktober 2022 widerspiegelt.
Nach der Wahl des Parlaments, der Gouverneure und Parlamente der Bundesstaaten am 2. Oktober 2022 stehen in der Stichwahl am 30. Oktober 2022 noch Luiz Inácio Lula da Silva als Kandidat der sozialdemokratischen Arbeiterpartei PT und Jair Bolsonaro als Kandidat der erzkonservativen Partido Liberal PL zur Wahl. Der Herausforderer liegt in allen Umfragen klar vor dem Amtsinhaber, jedoch bei Weitem nicht zur Freude aller Menschen in Brasilien. BefürworterInnen von Jair Bolsonaros Politik loben die strenge Law and Order-Linie und den neoliberalen Wirtschaftskurs, BefürworterInnen von Luiz Inácio Lula da Silvas Politik blicken „ein bisschen sehnsüchtig zurück auf diese Amtszeit“ und haben „gute alte Zeiten“ als das Wahlmotiv. Trotz der weltweit großen Bedeutung brasilianischer Umweltpolitik spielen die Klimakrise im Land und im Wahlkampf keine Rolle, da es Themen gibt, die als dringender erachtet werden, etwa die dramatische wirtschaftliche Misere im Land. Die hohe Inflation und die hohe Arbeitslosigkeit bekommen fast alle BrasilianerInnen zu spüren, ein großer Teil der Bevölkerung ist in die Armut abgerutscht, 33 Millionen Menschen sind wieder am Hungern. Das Duell um Brasiliens Weg in die Zukunft dürfte entscheiden, wie sich das Land nach den Feiern von 200 Jahre Unabhängigkeit im Sommer 2022 entwickeln wird.