Sicherungshaft und Politik vor Recht: Die FPÖ und ihr zersetzendes Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat - Im Gespräch mit Bernd-Christian Funk, Daniela Kickl, Erni Mangold und Hannes Tretter

Wie sähe Österreich ohne Menschenrechte und eine starke Zivilgesellschaft aus?
Bildung, Kultur und Medien • Europa und Internationales • Innen- und Kommunalpolitik
Wien
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Donnerstag,
21
.3.
2019
18.30 Uhr

BSA-Generalsekretariat

1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16, 3. Stock

Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk (Verfassungsrechtsexperte und Dekan der Fakultät für Rechtswissenschaften der Sigmund Freud Privatuniversität Wien)

Mag.a Daniela Kickl (Ökonomin und Buchautorin "Mein lieber Cousin Herbert")

Prof.in Erni Mangold (Schauspielerin und Regisseurin)

Univ.-Prof. Dr. Hannes Tretter (Menschenrechtsexperte, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte sowie Direktor der Staniak Academy for Democracy and Human Rights)

Menschenrechte bewegen Menschen in Österreich, eine Debatte über Menschenrechte ist angesichts des Rechtsverständnisses von Herbert Kickl, der seine Auffassung in der ORF-Sendung Report darstellte, aktueller und wichtiger je. Das Recht habe der Politik zu folgen und nicht umgekehrt die Politik dem Recht, das ist der Grundsatz, der für den FPÖ-Innenminister gelten sollte, EU-Recht und Europäische Menschenrechtskonvention seien „irgendwelche seltsamen rechtlichen Konstruktionen“ aus vergangenen Jahrzehnten. Diese öffentlich formulierte, demaskierende Verunglimpfung des Rechtsstaates wurde etwa von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der Opposition, RichterInnen, AnwältInnen, VerfassungsjuristInnen sowie einzelnen Mitgliedern des Koalitionspartners ÖVP in deutlichen Worten zurückgewiesen. Das Bundeskanzleramt teilte hierzu mit, „dass die Verfassung, die Grundprinzipien der Europäischen Union sowie die Grund- und Menschenrechte Gültigkeit haben und dass diese im Regierungsprogramm klar verankert sind.“ In Leitartikel wurde scharfe Kritik am FPÖ-Innenminister wie in folgendem Kommentar geübt: „Dunkel erinnert man sich an Zeiten und Regime, wo es nicht Recht und Gesetz waren, die an oberster Stelle standen und von dort aus das staatliche Handeln bestimmten, sondern der vorgebliche Wille einer Volksgemeinschaft.“ In einem gemeinsamen Schreiben zahlreicher AutorInnen sowie Kulturschaffender wurde unter dem Titel „Kickl muss gehen“  der sofortige Rücktritt von Herbert Kickl gefordert, unter anderem heißt es darin: „Die Politik hat in der Demokratie das Recht ohne Wenn und Aber zu respektieren, die in der Verfassung festgelegten Prinzipien der Gewaltentrennung zu Rechtsstaatlichkeit sind zu garantieren.“ Unbestritten sind historische Erfolge der Menschenrechtskonvention, freie Meinungsäußerung, unabhängige Gericht oder die Garantie für jedeN, sich frei bewegen zu können. Die Menschenrechte sind das konkrete Ergebnis von vielen Jahren Humanismus und Aufklärung, aber stehen derzeit zur Disposition eines FPÖ-Innenministers. „Österreichischen Parteien steht es frei, national und auf EU-Ebene für die Veränderung bestehender Gesetze um nötige Mehrheiten zu werben. Wer allerdings das Völkerrecht ausheben will, die Menschenrechtskonvention in Frage stellt und die Gewaltentrennung und Gleichheit vor dem Gesetz als Hindernis für seine Vorhaben begreift, ist als Innenminister untragbar.“ Mit den Äußerungen zu Politik und Recht wurde eine rote Linie eindeutig überschritten, die Politik und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen, das klar zu stellen.

 

Gemeinsam mit unseren Gästen möchten wir verschiedenen Fragestellungen gemeinsam nachgehen: Wo lässt sich die praktische Wirksamkeit dieser Thesen des FPÖ-Innenministers beobachten? Welche Staaten in Europa und der Welt sind entsprechende Beispiele dafür, wenn das Recht der Politik folgt? Was zählt ein Bekenntnis, auf dem Boden des Rechtsstaates zu stehen, wenn man eine Auseinandersetzung darüber beginnen möchte, wie man die europäischen Grundrechte umpflügen möchte? Welches der Menschenrechte möchte Herbert Kickl aushebeln? Ist die Europäische Menschenrechtskonvention ein Bestandteil der europäischen Kultur geworden? Liegt die eigentliche Gefahr nicht im Missbrauch der Rechte wie jene der Menschenrechtskonvention, sondern in einem Angriff auf den Rechtsstaat? Lässt sich manches von dem, was Herbert Kickl in Bezug auf den Umgang mit straffällig gewordenen AsylwerberInnen in Erwägung zieht, ohnedies mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbaren? Ist es deshalb rechtlich falsch und demagogisch, zu suggerieren, die Grundrechte würden den mutmaßlichen Plänen der schwarzblauen Bundesregierung generell entgegenstehen? Ist es bei der Verbesserung von Gesetzen auch zulässig, völkerrechtliche Bestimmungen zu hinterfragen? Hat der FPÖ-Innenminister nur ausgelotet, was in einem gewachsenen demokratischen Rechtsstaat an Äußerungen der Bevölkerung zumutbar ist? Ist es nicht nur eines demokratischen Rechtsstaates mit seinen klar definierten Grundprinzipien unwürdig, sofern die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention infrage gestellt werden, sondern vielmehr für einen Bundeskanzler, der bis auf den milden Hinweis eines geführten Telefonats schweigt, machtpolitisch entlarvend? Ist Herbert Kickls Hinterfragung des rechtsstaatlichen Prinzips und der Menschenrechte weder seines Amtes als Innenminister noch der aktuellen Diskussion um die Abschiebung von straffällig gewordenen AsylwerberInnen geschuldet, sondern betreiben Freiheitliche das Ansinnen seit Jahren? Warum wurde öffentlich kaum zur Kenntnis genommen, dass die FPÖ in ihrem Wahlprogramm zur Nationalratswahl 2017 von einer „Evaluierung der Europäischen Menschenrechtskonvention und gegebenenfalls Ersatz durch eine ‚Österreichische Menschenrechtskonvention‘, die auch das Heimatrecht der Österreicher schützt“ sprach? Muss das verankerte Verständnis von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat vor allem von der Zivilgesellschaft verteidigt werden? Hätte die gefährliche Einstellung Herbert Kickls einen breiteren Aufschrei zur Folge haben müssen? Was haben Menschenrechte mit dem Alltag zu tun? Werden Menschenrechte gelebt? Wie gut sind Menschenrechte im persönlichen Umfeld umgesetzt? Wie ändert sich die Gesellschaft? Wie könnte man ein respektvolles Miteinander gestalten?

Aus organisatorischen Gründen wird höflich um Anmeldung(en) per Mail unter doebling@bsa.at gebeten.