Was Linke denken - Im Gespräch mit Robert Misik

Oft ist zu hören: Es herrscht Endideologisierung. "Links", das ist doch heute mehr so ein Gefühl. Robert Misik meint, vorschnelle Befunde. Denn der zeitgemäße Linke hat sehr wohl ein paar Bruchstücke an Theorien im Kopf: Marx' Lehren über die Widersprüche des Kapitalismus; Eduard Bernsteins Postulat, dass Reform im Rahmen des Systems möglich ist, Antonio Gramscis Gedankengänge über Hegemonie und Zivilgesellschaft; den leicht despressiven kulturkritischen Sound der Frankfurter Schule von Walter Benjamin bis Jürgen Habermas; Michel Foucaults Traktate, dass sich Macht eher in Machtknoten dezentriert hat und dass die Unterdrückten bei ihrer Beherrschung mitmachen; eine Prise postmoderne Theorie, dass die Idee einer Wahrheit auch nur eine Täuschung ist; ein großer Schöpflöffel Keynes, ein kleiner Schuss postkoloniale Theorie und viel Entfremdungskritik. Robert Misik beschreibt von A wie Adorno bis Z wie Zizek aus welchen Brocken sich zeitgenössisches linkes Denken heute zusammensetzt.

Autor Robert Misik wird das zeitgenössische linke Denken, wobei viele Leute fragen würden, ob es das überhaupt gibt, auf die theoretischen und philosophischen Diskurse der letzten 150 Jahre zurückbinden. Vieles von dem, was man durchaus gerne als "linke Haltungen" bezeichnet, erweist sich als Resultat eines Sickerprozesses von Theorien. Woher diese stammen, welche Fragen sie aufwarfen und zu beantworten suchten und wie sich diese Antworten verbreiteten, dem gehen wir an diesem Abend gemeinsam nach.