Die Ukraine ist für Russland enorm wichtig

Es braucht nach vielen persönlichen Verletzungen in Russland und der Ukraine Versöhnung
Europa und Internationales
Sonntag,
21
.9.
2014
 
Wien
BSA Döbling

Am Vortag einer brisanten Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu Russlands Nachbarschaftspolitik im Parlament in Wien organisierte die Döblinger Europasektion eine Diskussion mit dem Schweizer Historiker und Politiker Dr. Andreas Gross, zu der auch der BSA-Döbling in bewährter Zusammenarbeit Mitglieder und InteressentInnen einladen durfte. Moderiert wurde der sehr informative Abend im Weingut Wolff in Neustift am Walde von seinem Fraktionskollegen im Europarat, Prof. Stefan Schennach, der wiederum neben den Gästen aus Wien seinen SPÖ-Bundesratskollegen Ewald Lindinger, der aus Oberösterreich anreiste, begrüßen konnte.

In seiner Einleitung ging der österreichische Bundesrat als Vorsitzender des Monitoring Committee auf die Aufgabe ein, konfliktlösungsorientiert mit den Russen und nicht über die Russen zu reden. Der Europa setzte in Folge eines von Stefan Schennach verfassten Berichts das Stimmrecht der Russen bis Jahresende aus, wobei der Europarat bis Jänner 2015 entscheiden muss, wie es mit der russischen Mitgliedschaft im Europarat weitergeht. Dem Bundesrat ist ein Anliegen, bei dieser Tagung in Wien auf für die Russen neutralem Boden den Konflikt innerhalb der Familie des Europarates zu lösen. Der SPÖ-Europasprecher betonte, dass er sich gegen den Ausschluss Russlands wehrt, da er nicht 200 Millionen Menschen vom direkten Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abschneiden will.

Andreas Gross berichtete von seiner Aufgabe als Präsident der Wahlbeobachter des Europarates und seinen Erfahrungen als Wahlbeobachter in der Ukraine seit 1999, in diesem Rahmen war er auch auf der Krim und in Odessa tätig. In weiterer Folge ging der Russland-Spezialist des Europarats auf die Situation in Russland und der Ukraine ein. Da die neue ukrainische Regierung anfangs den Fehler gemacht hat, den Schutz der russischen Minderheiten nicht genügend zu berücksichtigen und vor allem die NATO vor 20 Jahren versprochen habe, sich nie bis an die russische Grenze auszudehnen, erklärt dies die russische Intervention. Der Historiker stellte klar, dass die Annexion der Krim inakzeptabel ist und eine Verletzung des Völkerrechts darstellt. Außerdem ging er auf die Person Putin ein, dessen Unterstützung in Russland zumindest in den großen Städten nachlässt. Der Schweizer Nationalrat warnte davor, 30.000 Menschen zu unterschätzen, die gegen die illegale Annexion der Krim demonstrierten und dabei ihr Leben riskierten.

Andreas Gross sprach auch die langfristige, große Hypothek für Russland an, da die wirtschaftlichen Probleme zunehmen werden, die Annexion nur ein kurzfristiger Erfolg für Putin ist, der nun durch die Propagandamaschine ausgeschlachtet wird. Als große Probleme gelten einerseits die Aufrüstung des Westens und das Oberwasser der NATO und andererseits das zerstörte Vertrauen zwischen Russland und dem Westen, das Hauptproblem ist derzeit die Entwaffung der diversen kriegerischen Truppen.

Schließlich sprach der sozialdemokratische Fraktionspräsident im Europarat noch den Lösungsansatz der Föderalisierung an, dass man aus der Ukraine keinen zentralistischen Staat machen sollte. Die Ukraine könnte von wirklichen Föderalismen vieles lernen, wie man eine Vielfalt zusammenhält und Einheit schafft, indem niemand zu kurz kommt. Darüber hinaus sollte die Ukraine Interesse an einem Neutralitätsstatus haben, während die Neutralität in der EU und in den USA keinen hohen Stellenwert besitzt, verstehen die Russen die Neutralität und nun entstandene Feindschaften sind zu überwinden.

Gemeinsam mit den interessierten TeilnehmerInnen aus der EU-Sektion und dem BSA-Döbling ergab sich trotz dieses eher ungewöhnlichen Termins an einem Sonntag noch eine längere Diskussion über einige Fragen, wobei Einigkeit darüber bestand, dass es eine spezielle Eigenheit von bestimmten PolitikerInnen wie Putin ist, dass sie kurzfristig denken und zivilsatorische Errungenschaften der Machtpolitik opfern.

Veranstaltungsankündigung