80 Jahre Heinz Fischer

Bildung, Kultur und Medien
Europa und Internationales
Innen- und Kommunalpolitik
Montag,
19
.11.
2018
 
Wien
BSA Döbling
BSA Ottakring
BSA Rudolfsheim-Fünfhaus
Vereinigung Sozialdemokratischer Universitäts- und FachhochschullehrerInnen

Anlässlich seines 80. Geburtstages, ein geeigneter Zeitpunkt, um zurückzublicken, diskutierte der frühere Bundespräsident Heinz Fischer gemeinsam mit dem ehemaligen Profil-Chefredakteur Herbert Lackner die persönlichen und politischen Wege von früher noch einmal. Schritt für Schritt durch Leben und Geschichte.

Wege, die mit markanten politischen Ereignissen verknüpft sind, und Ereignisse aus vergangenen Jahrzehnten wurden im Rahmen dieses Gespräches reflektiert, wobei die ideale Gelegenheit genutzt wurde, um auszuloten, was geblieben ist, was nicht vergessen werden darf und was kommen sollte. Zunächst ging es um die politischen Anfänge, wie sein politisches Engagement begonnen hat, in Hietzing, neben Döbling der sogenannte Nobelbezirk Wiens, fand sich eine kleine Kolonie aufstrebender SozialdemokratInnen. In der Jugendgruppe wurden beispielsweise die Werke von Otto Bauer, Karl Marx, Karl Kautsky oder Rosa Luxemburg gelesen, wobei Heinz Fischer darauf einging, wie revolutionäre Klassiker seinen Einstieg und die Jahre in der sogenannten hohen Politik geprägt haben.

   

In weiterer Folge debattierten der Spitzenpolitiker und der Journalist das intellektuelle Leben in der SPÖ, welches sich während der späten 1960er- und der 1970er-Jahre stark geändert hatte und was von diesen regen Aktivitäten und der Intellektualisierung der SPÖ heute übrig geblieben ist. Der damals junge SPÖ-Klubobmann erzählte über das lange Kreisky-Jahrzehnt von 1970 bis 1983, welche schwierigen Aufgaben er etwa beim Streit des seinerzeitigen Bundeskanzlers mit Simon Wiesenthal oder im Konflikt zwischen Bruno Kreisky und dessen politischen Ziehsohn Hannes Androsch zu bewältigen gehabt hatte und wie unersetzlich der Sonnenkönig für die Sozialdemokratie war. Herbert Lackner wies darüber hinaus auf die politischen Mehrheiten, die nur in der Ära Kreisky links der Mitte zu verorten war, und merkte an, dass früher im VSStÖ Heinz Fischer der Vertreter der Linken und Hannes Androsch der Anführer der Rechten war. Der damalige Wissenschaftsminister und der Buchautor widmeten sich überdies der Sinowatz-Jahre und den Veränderungen in den frühen 1980er-Jahren sowohl in Österreich als auch in der Sozialdemokratie, schließlich gilt Fred Sinowatz im Schatten von Bruno Kreisky als unterschätzt und wird als Kanzler wider Willen bezeichnet. Gleichsam wurde von den beiden Referenten die Frage erörtert, wieso Heinz Fischer nicht Bundeskanzler wurde.

Ein weiterer Aspekt des Gespräches war die parlamentarische Ebene, viele verbinden Heinz Fischer wie kaum einen anderen Politiker mit dem Parlament, wo er vor seinen 12 Jahren als Bundespräsident sowohl 12 Jahre als Nationalratspräsident als auch 12 Jahre als SPÖ-Klubobmann tätig war. Es ging um die Umsetzung von Reformen, die Interessenlage und wie sich der Prozess der Meinungsfindung sowie Durchsetzung von Interessen gestaltete. Der langjährige Nationalratspräsident verriet, ob dieses Amt in der Nachfolge von Politikern wie Leopold Figl, Anton Benya, Karl Waldbrunner oder Leopold Gratz das schönste war oder er mit der Wahl zum respektive den Aufgaben als Bundespräsident der Republik Österreich die größte Freude in seiner politischen Laufbahn gehabt hatte. Überdies diskutierten Heinz Fischer und Herbert Lackner sowohl die schwarzblaue Wende der 2000er-Jahre als auch die Neuauflage, die Neuordnung der politischen Landkarte sowie die damit verbundenen Veränderungen der politischen Kräfteverteilung.

Darüber hinaus ging es um die damit verbundenen Herausforderungen im parlamentarischen Prozess, wie die heutige Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ in diesem Kontext einzuordnen ist und sich diese von den großen Koalitionen aus SPÖ und ÖVP unterscheidet. Der vormalige Chefredakteur setzte sich mit der verändernden Meinungslandschaft auseinander, analysierte kritisch Phänomene wie Message Control, Überschreitungen von Tabus, Einzelfälle sowie das Zusammenspiel von Boulevardzeitungen, rechtspopulistischen Politikern und sozialen Medien vor dem Hintergrund der heutigen Rolle der Medien als vierte Säule der Demokratie. Eine Richtungsentscheidung steht auf der europäischen Ebene an, ob der problematische und egoistische Nationalismus die Kraft hat, Europa von einer positiven und friedlichen Entwicklung abzubringen oder sich die Grundphilosophie der ProeuropäerInnnen, eine immer engere Zusammenarbeit anzustreben, durchsetzen wird. Abschließend ging es darum, welche Vorhaben sich Heinz Fischer nach Abschluss seiner Aufgaben als Koordinator des Gedenk- und Erinnerungsjahres 2018 für ihn im politischen „Unruhestand“ weitergeht.

Jubiläen und Geburtstage sind ein Anlass zur Reflexion über das Geschehene, aber auch ein Bezugspunkt für einen Ausblick auf das, was noch kommen wird. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln, einerseits aus der Sicht des Politikers, andererseits aus der Sicht des Journalisten, ging es bei diesem Spaziergang durch die Jahrzehnte um die Geschichte Österreichs und der Republik, um entscheidende Momente und um politische wie persönliche Ereignisse, die der Jubilar aktiv mitgestaltete.

 

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