Die Verantwortung der Dichter und Denker - Im Gespräch mit Mercedes Echerer, Adi Hirschal, Erika Pluhar, Hans-Henning Scharsach, Katharina Stemberger und Ruth Wodak

Welche Aufgaben haben Intellektuelle, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen, welche Bedrohungen bestehen für Meinungsfreiheit liberale Demokratie und offene Gesellschaft?
Bildung, Kultur und Medien • Europa und Internationales • Innen- und Kommunalpolitik
Wien
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Gesellschaft für Geistes- und Sozialwissenschaften
Vereinigung sozialdemokratischer Angehöriger in Gesundheits- und Sozialberufen
Vereinigung Sozialdemokratischer Universitäts- und FachhochschullehrerInnen
Dienstag,
22
.1.
2019
18.30 Uhr

BSA-Generalsekretariat

1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16, 3. Stock

Mit Impulsen aus Wissenschaft, Medien, Kunst und Kultur anlässlich des 10-jährigen Jubiläums unserer offenen Gesprächsreihe:

Mercedes Echerer (Sängerin, Schauspielerin und ehemalige Abgeordnete zum Europäischen Parlament)

Adi Hirschal (Sänger, Schauspieler und Intendant)

Erika Pluhar (Sängerin, Schauspielerin und Schriftstellerin)

Hans-Henning Scharsach (Journalist, Publizist und Autor)

Katharina Stemberger (Schauspielerin und Vorstandsvorsitzende des Integrationshauses Wien)

Ruth Wodak (Sprachwissenschaftlerin und em. Professorin an den Universitäten Wien und Lancaster)

„Die Intellektuellen haben die Verantwortung, die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken“, der Leitsatz von Noam Chomsky ist in Zeiten politischer, gesellschaftlicher und sozialer Umwälzungen relevanter und aktueller denn je. „Unterhaltung kommt von Haltung“, die Aufgabe der Kunst und von KünstlerInnen war und ist es, die Gesellschaft zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán warnte vor der offenen Gesellschaft und verkündete in einer Rede anlässlich seiner Wiederwahl, dass die Epoche der liberalen Demokratie zu Ende sei. Es scheint für die Rechtsdemagogen nur Schwarz oder Weiß zu geben, angegriffen werden nicht nur Symbole des „Systems“, sondern verbal auch Menschen, um eine liberale Demokratie, eine offene Gesellschaft für autoritäre Lösungen „sturmreif“ zu machen. Freiheitliche zeigten angesichts jener von Wolfgang Ambros verorteten „braunen Haufen“ in der FPÖ eine mangelnde Fähigkeit, mit Kritik und der Freiheit der Kunst umzugehen. Rainhard Fendrich sah „die demokratischen Grundwerte eines Landes schwerstens gefährdet, wenn versucht wird, die kritische Haltung eines Künstlers durch Beleidigungen und Drohungen zu ersticken“, Joesi Prokopetz gab dem Angegriffenen recht, „es gibt einen starken nationalsozialistisch ideologisierten Flügel in der FPÖ, den man getrost als braunen Haufen bezeichnen kann“, Hubert von Goisern kritisierte, „der Generalsekretär hätte gerne Künstler mit Zaumzeug, damit er sie zur Tränke führen kann, aber wir sind Freigeister, Pferdeäpfel auf das Haupt all jener, die uns an die Kandare nehmen wollen“, Gert Steinbäcker fand traurig, „dass jemand aus Regierungskreisen unserem wohl verdientesten österreichischen Popkünstler beschimpft, nur weil er der Wahrheit zu nahe kommt“, Rudi Dolezal mahnte, „was in Österreich nicht passieren darf, ist, dass Künstler und Enterpreneure in der derzeitigen Situation die Gosch’n halten“, Ernst Molden meinte unter anderem, „ein paar Nazis könnten sich nach dieser Geschichte schon einsamer fühlen, das wohl“, Gregor Seberg sorgte sich besonders um die künstlerische Meinungsfreiheit, „diese Regierung will Angst schüren und Ja-Sager produzieren“ und Christoph Seiler äußerte seine „Sorge um die allgemeine Meinungsfreiheit“. Kulturschaffende nehmen soziale und politische Verantwortung wahr, nehmen öffentlich Stellung, beschäftigen sich intensiv mit Themen der Zeit, ergreifen Partei, stellen Forderungen und eröffnen für die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt noch utopische Optionen. Zeitlos bleibt diese Feststellung: „Der Freiheit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit.“

Mit unseren Gästen möchten wir anlässlich des 10-jährigen Jubiläums unserer Gesprächsreihe einige Fragestellungen gemeinsam vertiefen: Sind Intellektuelle heutzutage in der Pflicht, „alles Unbezweifelte anzuzweifeln, über alles Selbstverständliche zu erstaunen, alle Autorität kritisch zu relativieren, alle jene Fragen zu stellen, die sonst niemand zu stellen wagt“? Haben die Dichter und Denker gesellschaftliche Aufgaben und wenn ja, welche? Zeichnet es eine offene Gesellschaft aus, dass Kunst und Kultur nicht auf Ziele verpflichtet sind? Wird von Intellektuellen und KünstlerInnen erwartet, dass sie „Gebrauch von der Demokratie“ machen, da sie im öffentlichen Diskurs eine besondere Rolle einnehmen könnten? Müssen sich AkteurInnen der „politischen Kunst“ fragen lassen, warum sie nicht selbst Politik machen sowie „unpolitische“ Kulturschaffende, ob sie sich nicht in erhöhtem Ausmaß der politischen und sozialen Grundlagen ihres Schaffens vergewissern sollten? Sind KünstlerInnen besonders betroffen, wenn die Freiheit des Wortes und der Rede angefochten wird? Müssen Kultur und Wissenschaft mit ihren eigenen Mitteln die Wahrheit sagen, wenn die Politik Geschichten erfindet? Haben und brauchen Intellektuelle und KünstlerInnen Abstand als Voraussetzung für einen anderen, freien Blick auf die demokratische Gesellschaft? Welche politische Wirkung können Kunst und Kultur entfalten? Können Intellektuelle und KünstlerInnen, als MeisterInnen des Wortes, vielleicht am ehesten helfen zu verstehen, was auf der Welt geschieht? Welche politischen, gesellschaftlichen Analysen fließen ein, wenn Intellektuelle die gewohnte Sicht auf Gesellschaft und Demokratie herausfordern? Wie sehen die Beiträge zur Selbsterkenntnis der Gesellschaft aus? Da Intellektuelle, KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen in realen politischen Verhältnissen leben, welchen Einfluss müssen, können, möchten sie nehmen?

Aus organisatorischen Gründen wird höflich um Anmeldung(en) per Mail unter doebling@bsa.at gebeten.